Shoto
Nijukun - Die 20 Regeln des Shotokan Karate
Die
20 Regeln
01. Karate beginnt
mit Respekt und endet mit Respekt.
02. Im Karate macht man nicht die erste
Bewegung.
03. Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit
04. Erkenne zuerst dich selbst, dann den
Anderen
05. Intuition ist wichtiger als Technik
06. Lerne deinen Geist zu kontrollieren und
befreie ihn dann
07. Unglück geschieht meist durch
Unachtsamkeit
08. Glaube nicht, dass Karate nur im Dojo
stattfindet
09. Karate üben heißt ein Leben lang
arbeiten, darin gibt es keine Grenzen
10. Verbinde dein alltägliches Leben mit
Karate, dann wirst du myo finden.
11. Wahres Karate ist wie heißes Wasser,
das abkühlt wenn man es nicht beständig wärmt.
12. Denk nicht ans Gewinnen, doch denke darüber
nach wie du nicht verlierst
13. Verändere deine Verteidigung gegenüber
dem Feind
14. Der Kampf entspricht immer deinen Fähigkeiten
mit keyo (bewacht) und jitsu (unbewacht) umzugehen.
15. Stelle dir deine Hand und deinen Fuß
als Schwert vor.
16. Wenn du den Ort verlässt, an dem du
zuhause bist, machst du dir zahlreiche Feinde. Ein solches
Verhalten lädt dir Ärger ein.
17. Anfänger müssen alle Haltungen ohne
eigenes Urteil meistern, erst danach erreichen sie einen natürlichen
Zustand.
18. Die Kata muß ohne Veränderung korrekt
ausgeführt werden, im wirklichen Kampf gilt das Gegenteil
19. Hart und weich, Spannung und
Entspannung, langsam und schnell - alles in Verbindung mit der
richtigen Atmung.
20. Erinnere dich und denke immer an kufu -
lebe die Vorschriften jeden Tag.
Gichin Funakoshi
Respekt gebührt jedem. Egal was der
Karateka um den Bauch trägt. Es ist also das respektvolle
Miteinander gemeint. Ferner – oder genauso wichtig – ist
das Zeremoniell ein primärer Ausdruck von Ehrung und Respekt.
Es sind die Rituale, die im ganzen Trainingsbetrieb getätigt
werden. Dazu gehören das korrekte Verbeugen beim Eintreten
und Verlassen des Dojos, sowie ein akkurates Mokuso
(Konzentrationsrituale vor und nach einer Trainingseinheit).
Natürlich sollte auch ein der Graduierung entsprechender
Wortschatz für bestimmte Techniken und Kommandos gefestigt
sein. Meine Erfahrung zeigt, dass dies nicht immer zutrifft.
Mindestens 20% der trainierenden Karatekas setzen sich mit dem
Zeremoniell dieser Kampfkunst nur unzureichend auseinander. In
Härtefällen wird sogar nicht im Gi trainiert, bzw. nur die
Hose angezogen. Die Jacke wird dann zumeist durch leichte
Kleidung ersetzt (Hemd ect.). Man sollte nicht vergessen, dass
die traditionell vorgegebene Kleidung ebenfalls ein Zeichen
von entgegengebrachtem Respekt ist.
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Dieser Leitsatz bringt den
friedlichen Charakter der Kampfkunst zum Vorschein. Wenn möglich,
sollte sie also nur zu Selbstverteidigungszwecken angewandt
werden. Dieses Gesetz unterbindet damit quasi ein missbräuchlich
fahrlässiges Anwenden von Shotokan Karate. Meiner Meinung
nach steht diese Richtlinie im Konflikt zum sportlichen
Wettkampf im Bereich Kumite (Zweikampf) – weil eben einer
der Kontrahenten letztendlich angreifen muss um zu siegen.
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Hier ein kleiner
„Freifahrtsschein“, der jedoch nicht falsch verstanden
werden sollte… wo immer vielleicht jemanden körperliches
und geistiges Leid zugefügt wird, hat der ambitionierte
Karateka die Ehre – oder auch die Pflicht – dieser Person
zu helfen (Stichwort Zivilcourage). Hierfür darf er sein
ganzes Können, der Situation jedoch angemessen, einsetzen.
Ein Missachten einer solchen Situation käme einer Abwendung
zum Shotokan Karate gleich. Man verliert Ehre und Glaubwürdigkeit.
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Ein sehr schwieriges Unterfangen,
kann man doch nicht so leicht vor seinem „inneren ich“
fliehen. Und dieses ist nicht immer gut, lässt einem falschen
Dinge tun und unüberlegt agieren. Menschen, die ihr Inneres zügeln
können, sind bereit für größere Dinge und Ziele. Diese
innere Sichtweise ist bei vielen Menschen verkümmert, weil
sie eigene Prinzipien verfolgen, die ihnen vielleicht schon
seit jeher den Weg geebnet haben. Die Wechselwirkung vom
Subjekt zum Objekt (und andersherum) muss jedem Karateka klar
sein, damit sind auch die Sichtweisen gemeint. Subjektivität
und Objektivität sollten einander in Waage stehen. Ein weiser
Mensch muss sich in seine Mitmenschen zeitweilig hinein
versetzen können.
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Demnach ist der Fundus, den ein
Karateka generieren kann, gleichzeitig auch ein Indikator für
seinen geistigen Stand. Das Wissen was er über sich und
seinen Körper besitzt, sollte nicht unbedingt über Quantität
verfügen, sondern vielmehr über Qualität. Es bringt nichts,
ein wandelndes Lexikon zu sein, welches hunderte von Techniken
und Ausführungen beherrscht, diese dann aber in der Ausführung
verkümmert sind. Lieber eine Technik nahe der Perfektion
beherrschen, dass hat dann logischerweise einen besseren Sinn.
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Ein wichtiger Punkt um den inneren
Schweinehund zu besiegen. Generell ist keine Kata
(Formenlauf), keine Technik im Kihon (Grundschule) und dann in
der Anwendung im Kumite (Partnerübungen) für den Einzelnen
nicht zu schaffen. Voraussetzung ist lediglich ein gesunder Körper
und Geist. Beide sind aufeinander angewiesen und ergänzen
sich. Der Wille entsteht im Kopf und die Kraft im Körper. Man
kann sich das Ganze auch im Prinzip des Yin und Yang
vorstellen – dem universellem Ausgleichsbestreben im
kosmischem Umfang. Karateka die ihren Geist (den Willen) nicht
auf ein Ziel bündeln können, sind nicht fähig in dieser
Kampfkunst weiter zu kommen.
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Jeder kennt diese Eigenart, wenn
Fehler durch mangelnde Konzentration entstehen. Es ist
ungemein wichtig, zu 100% bei der Sache zu sein. Nichts ist
schlimmer als einen Block zu spät und zu schlampig gegen eine
vor schnellende Faust zu stellen. Das Ergebnis kann sprichwörtlich
ins Auge gehen. Ultimative Wachsamkeit der Realität gegenüber,
ist unabdingbar. Auch hier kann Leidenschaft und Hingabe von
Nutzen sein. Ebenfalls Dinge, die nur der ambitionierte
Karateka besitzt.
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Ein Karateka sollte das, was er im
Dojo lernt natürlich philosophisch und auf verbaler Ebene in
seine Umwelt tragen. Er sollte Probleme im Alltag besonnen und
konstruktiv zu lösen versuchen. Der sprichwörtliche
Holzhammer sollte also, solange es nur geht, nicht zum Einsatz
kommen. Im Einzelfall sollte einem Aggressor der besonnene Rückzug
entgegengebracht werden. Dies hat oberste Priorität. Den
Dialog zu suchen ist immer der beste Weg zum
zwischenmenschlichen Erfolg – im Interesse beider Parteien.
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Nur eine ernsthafte, nachhaltige
Trainingseinstellung kann dieser Kampfkunst gerecht werden.
Wer Karate macht, sollte dies nicht aus Launen heraus machen.
Es ist etwas anderes, kurz mal in die Materie rein zu
schnuppern, vielleicht 2 bis 3 Monate zu probieren. Kann man
sich damit immer noch nicht anfreunden, sollte man einen
Ausstieg erwägen. Völlig sinnlos wäre ein plötzliches
Verebben lassen der Anstrengungen nach Jahren mühevolle
Trainingstätigkeit – man würde alles „wegwerfen“, denn
das Wissen um Karate geht bei Stillstand wieder verloren. Auch
kann man nicht erwarten, dass einem gleich alles gelingt –
Techniken und Erfahrungen brauchen Zeit. Nicht nur Erfolge
motivieren, auch Niederlagen formen. Wie sagt man doch so schön:
Gewinnen kann nur der, der auch schon mal verloren hat. Aber
im Shotokan geht es nicht darum. Es geht um
Charakterentwicklung, innere Ruhe und körperliche
Vollkommenheit. Und dies „lernt“ man ein Leben lang.
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Was im Dojo passiert, sollte mental
auch im Alltag Anwendung finden. Man sollte auf Menschen
behutsam, ohne Vorurteile und vor allem besonnen zugehen.
Diese Vorgehensweise entspricht dem Merkmal des Karate – es
wirkt eher defensiv und deeskalierend. Auch Werte wie
Strebsamkeit oder Ehrgeiz können in unserer Gesellschaft auch
von Vorteil sein. Man sollte aber die Menschlichkeit nicht außer
Acht lassen und was sie definiert. Machen Sie „draußen“
alles so, wie sie es im Dojo von einem wirklich guten Sensei
vermittelt bekommen.
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Wie vorhin schon gesagt, ist
kontinuierliches Trainieren sehr wichtig. Es liegt in der
Sache der Natur, dass man Techniken oder ganze Katas permanent
und immer wieder vollführen und auch verbessern muss.
Sicherlich kennt jeder die Probleme, die nach langen
Trainingspausen mit sich bringen: man wird träge, hat viel
vergessen. Dem Karate sollte man also in seiner ganzen
Vielfalt bis ins hohe Alter treu bleiben. Ablenkung oder gar
Unlust wirken sich negativ aus.
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Immer nur das Positive zu erwarten,
immer in der Sicherheit zu sein, dass Spielbrett des Lebens
als Sieger zu verlassen, ist nicht nur als naiv zu bewerten,
sondern ist auch arrogant. Jeder läuft einmal der Gefahr
etwas zu verlieren, sei es nur ein Spiel oder mehr. Karate
erzieht dazu, Aufgaben anzunehmen und mit Respekt anzugehen,
immer im Hinterkopf sein Bestmögliches zu geben. Das Gewinnen
sollte nicht im Fokus stehen, sondern primär der Weg dahin.
Der Weg, der nicht in Richtung Verlust eingeschlagen werden
sollte. Um das zu verhindern, macht sich der Karateka geistig
klar was dagegen zu tun ist. Sorgfältig gewähltes Verhalten
und die richtigen Techniken zur richtigen Zeit nutzt er, um
sein Gegenüber zu „lenken“. Was muss ich also tun, um ihn
am Sieg zu hindern… richtig, ich mache das, womit er am
wenigsten rechnet.
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Wohl der wichtigste Trumpf z.B. im
Kumite – die Wandelbarkeit. Ein statisch, immer gleich
agierender Karateka wird mit der Zeit durchschaubar. Besser
ist es, alle Register zu ziehen und facettenreich zu kämpfen.
Niemals sollte man sich nur auf Schläge (z.B. Oi-Tsuki)
konzentrieren. Auch verschiedene Tritte schaffen, überraschend
ausgeführt, Distanz und den ein oder anderen Treffer. Diese
Regel nimmt meiner Meinung nach das Prinzip vom „Jeet Kune
Do“ (Weg der abfangenden Hand/eingreifenden Hand), jenem/er
von Bruce Lee (1940-1973) entwickeltem
Kampfsystem/Kampfphilosophie, vorweg. Wie auch dieses System
suggeriert, ist es von enormer Wichtigkeit effektiv zu
handeln, ohne unnötig Ressourcen des Körpers zu
verschwenden. Unter Effektivität verstehe ich demnach auch
Wandelbarkeit.
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Ganz klar, ein solcher Kampf kann
sich nur durch diese Eigenschaften entwickeln. Lenkt man ihn
so, dass der Gegenüber die eigene Deckung nicht überwinden
kann, wirkt das Demoralisierend. Genauso verhält es sich mit
gelandeten Treffern. So eingeengt kann man sich nur noch
schwerlich konzentrieren. Beide Kontrahenten gestalten so
logischerweise ihr Zusammentreffen. Auf der anderen Seite können
Fehler auch anspornen. Wie die Regel schon sagt… Treffen und
Nicht-Treffen ist Ansichtssache und jedes Individuum reagiert
darauf auf seine Art.
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… und zwar als schnelles und
„scharfes“ Schwert. Ob Fauststoß oder Fußtritt, beide
sollten kraftvoll und zugleich schnell ausgeführt werden,
sind sie doch die einzigen Waffen des Karateka, die physische
Wirkung erzielen können – den Karate ist der „Weg der
leeren Hand“.
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Dies ist nicht paranoid, sondern eine
Lebensweisheit. Die Umwelt ist tatsächlich sehr rau und hart.
Früher wie heutzutage und ganz auf ihre Weise. Heute ist es
der alltägliche Konkurrenzkampf untereinander, jeder kennt
sicherlich den Ausdruck der Ellenbogengesellschaft. Viele
Menschen handeln kapitalistisch und dadurch eigensinnig.
Karate sensibilisiert die Sinne darauf und hilft sich damit
auseinander zu setzen. Man kann sich nicht nur körperlich
wehren, sondern steht auch geistig auf einer anderen Ebene.
Gelassenheit und emotionale Intelligenz lehrt einem diese
Kampfkunst. Ein Karateka würde niemals aggressiv oder eigennützig
handeln. Er erkennt weise die Konstruktion und Regeln seiner
Umwelt. Diese Erkenntnis zu erlangen verlangt jahrelange
Intensivierung der Kampfkunst. Man bekommt sie „nicht
einfach so in die Wiege gelegt“.
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Ein straff vorgegebenes Muster wurde
im Karate vor allem für die Schülergrade (Kyu) entwickelt.
Im Kihon werden statisch die Grundtechniken vermittelt. Auf
Haltung, Ausführung und Atmung wird geachtet. Was man hier
macht, ist vorgegeben, also in festen Stellungen aufgeteilt.
Dieses Repertoire soll später individuell eingesetzt werden können.
Zu jeder Zeit und an jedem Ort. Wichtig ist hierbei, auf die
Synergie der vielen verschiedenen Techniken zu achten. Jeder
Block sollte durch eine Vielzahl von Kontertechniken geprägt
sein – genauso verhält es sich auch andersherum. Diese Fähigkeit
der Abstraktion der Quantität, bei gleichzeitiger Qualität,
macht einen würdigen Meister des Shotokan Karate Do aus.
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Kata bedeutet „Form“ oder
„Schablone“. Hier wird in komprimierter Form Wissen um
verschiedene Techniken und deren gleichzeitige Anwendung
weitergegeben. Dies geschah früher auch in verschlüsselter
Form und generationsübergreifend. Vorteil einer Kata: der
Fundus an Wissen muss nicht notwendigerweise schriftlich
niedergeschrieben werden. Einzig allein der Praktizierende
einer Kata wäre das informelle Medium durch das Wissen
weitergegeben wird. Natürlich gab es dann spätestens in der
Neuzeit die Dokumentation und schriftliche Niederschrift. Wie
die Regel besagt, dürfen die Bewegungsabläufe einer Kata
nicht verändert werden, weil so auch die Informationen in ihr
verändert, oder schlimmstenfalls verloren gehen könnten. Zum
jetzigen Zeitpunkt gibt es im Shotokan-Stil 28 gelistete
Katas. Entgegen der Postulierung dieser Regel, wurden in der
Tat Abläufe der Katas verändert – wenn auch nur leicht. So
geschehen im Jahre 2002 durch den Deutschen Karate Verband
(DKV). Der Grund: die Vereinheitlichung zu Wettkampfzwecken.
Anders verhält es sich im Kampf. Wie schon gesagt, ist Statik
und Kontinuität hier pures Gift, weil sich der Gegner darauf
leichter als gedacht einstellen kann.
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Wieder das universelle Prinzip der
Gegensätze (Yin und Yang). Verschiedene Techniken können
demnach nur nach bestimmten Mustern angewendet werden um
effektive Leistung zu erzielen. Dies lässt sich z.B. an einem
Oi-Tsuki Chudan (gerade Fauststoß nach vorne und auf Bauchhöhe)
besonders gut erklären. In der Anfangsphase wird auf
Schnelligkeit gesetzt. Eine solch schnelle Muskelkontraktion
kann nur von statten gehen, wenn diese nicht schon vorher
angespannt werden. Man schlägt also „lose“ und locker –
aber sehr schnell zu. Erst im letzten Drittel, kurz vor der
Einschlagphase in das Ziel, kommt der Aspekt Kraft hinzu. Hier
wird die Faust mit Muskelkraft „arretiert“. Als letzte
Komponente fehlt natürlich die sehr wichtige Atmung. Hier
wird bis zur Arretierung im Ziel intensiv ausgeatmet. Der Höhepunkt
dieser besonderen Art der Atmung wird mit dem „Kiai“,
einer Art Kampfschrei gekrönt. Es werden so noch letzte
Kraftreserven mobilisiert und der Gegner im Idealfall eingeschüchtert.
Mann sieht, dass hier alle 3 Komponenten zu einem Ganzen
zusammenlaufen. Es kann davon ausgegangen werden, dass wenn
einer dieser Komponenten fehlerhaft aufgeführt wird, der
Schlag an Effektivität verliert.
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Die letzte Regel appelliert wieder an
den gesunden Menschenverstand. Man sollte nie untätig werden,
seine erreichten Erfolge (damit sind keine Wettkampferfolge,
sonder Lernerfolge gemeint) zur Kenntnis nehmen und sie immer
wieder als Grundlage sehen, um Neues zu probieren. Neues muss
nicht immer positiv sein, dies erfährt das Individuum durch
die jeweilige Erkenntnis dann am eigenen Leibe. Durch diese
Vorgehensweise entwickelt sich der ambitionierte Karateka
universell.
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